Sonntag, 14. September 2014

Verschlüsseltes iPhone Backup in iTunes - Passwort vergessen?

Wenn man seine "i-Devices" mit iTunes sichert und Wert darauf legt, dass auch alle auf dem Gerät gespeicherten WLAN-Passwörter mit gesichert werden, muss man das Backup verschlüsseln, indem man in iTunes das Häkchen bei "iPhone-Backup verschlüsseln" setzt und ein Kennwort vergibt.
Um das betreffende Gerät aus dem Backup wiederherzustellen, muss dann das Kennwort eingegeben werden, nicht jedoch bei jeder weiteren Sicherung des Gerätes, wodurch zumindest schon einmal die Gefahr besteht, dass das Kennwort in Vergessenheit gerät und man es dann, wenn man es braucht, nicht mehr weiß... :-/
Ok, nehmen wir nun an, man kann sich an das Kennwort nicht mehr erinnern, ist aber auf das gespeicherte Backup nicht unbedingt angewiesen; soll heißen: man möchte jetzt ein unverschlüsseltes Backup oder alternativ auch ein Backup mit einem neuen Kennwort anlegen. Klingt auf den ersten Blick nicht sonderlich schwer: Warum nicht einfach das Häckchen bei "iPhone-Backup verschlüsseln" wegmachen? Geht nicht: Hierzu müsste man nämlich das vergessene Kennwort eingeben. So weit, so schlecht: Dann nehmen wir eben einen anderen Rechner, auf dem wir noch nie ein Backup des betreffenden Gerätes erstellt haben. Dieser dürfte ja nichts von einem verschlüsselten Backup wissen. - Falsch! Auch dort ist der Punkt angehakt und das Häkchen geht nur weg, wenn man das Kennwort weiß, was man ja aber vergessen hat. Daraus folgt, dass die Daten zur Kennwortüberprüfung entweder auf dem Device selbst gespeichert oder beim Hersteller mit der AppleID verknüpft sind.
Eine kurze Google-Suche zu dem Thema bringt viel Müll (Motto: "Dann nimm halt einen anderen Rechner und mach dort ein unverschlüsseltes Backup.") zum Vorschein. Außerdem einen Apple Support-Artikel. Zitat:
Wenn Sie sich nicht an Ihr Kennwort erinnern können und neu beginnen möchten, müssen Sie eine vollständige Wiederherstellung der Software durchführen und die Option "Als neues Gerät konfigurieren" auswählen, wenn iTunes Sie zum Auswählen eines wiederherzustellenden Backups auffordert.
D.h. man muss laut Apple das betreffende Gerät komplett zurücksetzen, um den Kennwortschutz loszuwerden (!).
Nachdem ich noch weiter gesucht habe, bin ich auf dieses Tool gestoßen. Es erlaubt in der Vollversion, das Kennwort mittels Dictionary Attacke und/oder Brute Force zu knacken. Es ist leider nur für Windows erhältlich - also dort nochmal ein verschlüsseltes Backup anlegen...
Elcomsoft Phone Password Breaker ist schnell installiert. In der kostenlosen Demo-Version zeigt es nur die ersten zwei Buchstaben und die Länge des gefunden Passwortes an; will man mehr, zahlt man mindestens 79€ dafür. Für einen ersten Test reicht aber die kostenlose Version. Ein Test, um zu merken, dass man Kennwörter in der von mir verwendeten Komplexität (Länge mindestens 9, eher 14 Zeichen, enthält Buchstaben in groß und klein sowie Ziffern und Sonderzeichen) nicht in endlicher Zeit "brute forcen" kann. Mein Rechner (ohne GPU-Unterstützung) wäre vermutlich mehrere hundert Jahre beschäftigt gewesen, mein Kennwort herauszufinden, also zu spät für das iPhone 6... ;-) Selbst die Dictionary-Attacke hätte inkl. Mutationen der Wörterbucheinträge fast einen Tag lang gedauert.
Ein ca. 30 Minuten dauernder Anruf beim Apple Support ergab folgendes: Auch Apple kann das Kennwort nicht so zurücksetzen, dass künftige Backups unverschlüsselt sind. Ohne das Kennwort zu kennen, bleibt nur das komplette Zurücksetzen des iPhones. Um möglichst viele Daten zu retten, empfahl die freundliche und kompetente Dame, vorher noch alle Fotos runterzukopieren und auf dem Telefon zu löschen sowie anschließend ein iCloud-Backup zu machen. Aus diesem könnte man ja nach dem Zurücksetzen das Backup wieder einspielen, so dass die meisten Daten dann wieder auf dem Telefon zur Verfügung stehen, wenn man die zu sichernden Daten vorher in den Einstellungen auf dem Telefon entsprechend ausgewählt hat. Außerdem müsse auf dem PC iTunes und alle zugehörigen Komponenten deinstalliert und neu installiert werden bzw. beim Mac auf den Desktop und dann wieder zurück in den "Applications" Ordner gezogen werden.
So schnell wollte ich allerdings nicht aufgeben. Während das iCloud-Backup lief, hatte ich genug Zeit, über alternative Lösungswege nachzudenken:
Wenn das o.g. Elcomsoft Tool in der Lage ist, Mutationen über Wörter aus einer Liste durchzuführen (irgendwann gab es da auch mal einen c't-Artikel über Tools, die dies können), dann gebe ich als Ausgangsmaterial einfach mal eine Liste der von mir in den letzten Jahren an verschiedensten Stellen verwendeten Kennwörter mit und stellte die Mutationsoptionen in allen Kategorien auf "max":

Tatsächlich meldete das Programm nach kurzer Wartezeit (< 1 Minute) Erfolg: Es zeigte mir die ersten zwei Zeichen sowie die Länge des vergessenen Kennworts an. (Hätte ich 79€ investiert, bekäme ich das ganze Kennwort angezeigt.) Ich probierte ein paar Mutationen eines auf das Muster passenden mir bekannten Kennwortes aus und hatte schließlich mein vergessenes Kennwort wieder und war so in der Lage, das Häkchen bei "iPhone-Backup verschlüsseln" zu entfernen.

Fazit:

  1. "iPhone-Backup verschlüsseln" ist sinnvoll (wenn man nicht nach dem Wiederherstellen des Devices bei allen Freunden und Bekannten die WLAN-Passwörter erneut einsammeln möchte).
  2. "iPhone-Backup verschlüsseln" ist [zu?] sicher:
    • Nicht einmal Apple kann den Benutzer in die Lage versetzen, ein unverschlüsseltes Backup anzufertigen, nachdem er einmal ein Passwort vergeben und vergessen hat.
    • Es wird starke Verschlüsselung verwendet. Brute Force ist bei ausreichend langen Kennwörtern aufgrund der Rechenzeiten quasi nicht möglich.
  3. Besser ist es, ein gut zu merkendes Kennwort zu verwenden, das einem auch noch einfällt, wenn man es mehrere Monate oder Jahre nicht eingegeben hat und/oder dieses an einem sicheren Ort (z.B. Zettel unter der Tastatur oder Datei "streng geheime Kennwörter.docx" ;-p ) zu verwahren. NIE NIE NIE jedoch sollte man das dort verwendete Kennwort vergessen.
Aufwand insgesamt:
Passwörter ausprobieren: ca. 1/2h; Recherche und Test des Tools: ca. 2,5h; Telefonat mit Support: ca. 1/2 h; Lösung: ca. 1/2h; Blog-Artikel: ca. 1/2h;
plus ca. 1/2 Tag schlechte Laune, die die family ertragen musste... :-/

(Weitere) Links dazu: